Öffentliche Ausschreibung: Gut­ach­ten und Be­ra­tungs­pro­zess

Aufgabenstellung


1. Ausgangssituation und Zielsetzung

Der Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien verfügt über eine vielfältige Theaterlandschaft, die ein breites kulturelles Angebot für die gesamte Region bereithält:

Die Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau GmbH (GHT) unterhält an zwei Standorten (Görlitz und Zittau) ein Mehrspartentheater mit Schauspiel, Musiktheater, Tanz und Konzerten. Zusätzlich bespielt das GHT Bühnen im gesamten Kulturraum sowie in angrenzenden Regionen im Dreiländereck zwischen Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik. Jährlich besuchen ca. 150. 0000 Besucherinnen und Besucher die rd. 600 Veranstaltungen.

Das 1963 gegründete Deutsch-Sorbische Volkstheater Bautzen (DSVT) prägt eine rd. 600-jährige Theatertradition. Als bi-kulturelles Theater ist es deutschlandweit einmalig. Das Repertoire im Schauspiel und Puppentheater wird in drei Sprachen angeboten: auf Deutsch, Ober- und Niedersorbisch. Jährlich besuchen knapp 150. 000 Besucherinnen und Besucher die rd. 1. 000 Veranstaltungen. Den Abschluss der Theaterspielzeit bildet alljährlich das „Bautzener Sommertheater“. Außerdem finden seit 2003 im Burgtheater/Dźiwadło na hrodźe u. a. Lesungen, theatrale Experimente und Amateurtheater statt.

Das Sorbische National-Ensemble (SNE) wurde 1952 auf Anregung des nationalen Dachverbandes der Lausitzer Sorben gegründet. Gefördert durch die Stiftung für das sorbische Volk trägt das multinationale Ensemble in den Sparten Musiktheater, Tanz und Konzerten zur Pflege, Bewahrung und Entwicklung der kulturellen Tradition der Sorben bei. Mit Vorstellungen im gesamten Kulturraum zeigt das SNE ein breitgefächertes Repertoire: von über Generationen weitergetragene Tänze bis zu zeitgenössischen Interpretationen sorbischer und internationaler Musikgeschichte. Jährlich besuchen ca. 30. 000 Besucherinnen und Besucher die rd. 100 Veranstaltungen.

Mit den drei Theatern verfügt die Region über eine hohe Theaterdichte, die durch den Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien, die Landkreise Bautzen sowie Görlitz, die Städte Görlitz und Zittau sowie die Stiftung für das Sorbische Volk getragen wird. Die jährlichen Kosten- und Tarifsteigerungen belasten Träger und Gesellschafter gleichermaßen. Vielfache Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz bzw. Kostensenkung der Theater wurden in den zurückliegenden Jahren durch die Häuser sowie deren Mitarbeitende bereits erfolgreich implementiert: In Görlitz u. a. durch die Fusion der beiden Theater Görlitz und Zittau sowie durch den bis 2018 laufenden Haustarifvertrag; in Bautzen durch vertiefte Kooperationen des DSVTH sowie SNE, z. B. bez. des Einsatzes von gemeinsamem Personal im Bereich Technik oder die Nutzung von Infrastrukturen. Diese Maßnahmen haben in den letzten Jahren bereits zu Kostenersparnissen sowie damit zur Sicherung der Theatervielfalt beitragen.

Um auch zukünftig attraktive und langfristig abgesicherte Theatererlebnisse im Kulturraum zu ermöglichen, hat der Kulturkonvent des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien mit den Trägern und Gesellschaftern der Theater entschieden, die Effizienz der Häuser sowie potentielle Synergien, die durch eine Intensivierung von Kooperationen zwischen den drei Theatern realisiert werden können, untersuchen zu lassen. Dazu soll ein Kooperationskonzept erstellt werden, das neben einer intensivierten Kooperation auch die sich ggf. daraus ergebenden strukturellen Veränderungen an den Häusern aufzeigt. Eine Fusion der drei Häuser ist im Status quo jedoch nicht Gegenstand der Untersuchung.

Im Rahmen eines Beratungsprojektes sollen der Status quo sowie das Leistungsangebot der drei Theater untersucht werden. Darauf aufbauend sind mögliche Synergien durch den Ausbau von Kooperationen untereinander sowie mit weiteren Häusern in der Region zu identifizieren und sich daraus ergebende Effekte zu bestimmen. Die zur Umsetzung identifizierten Maßnahmen sollen abschließend in einem Maßnahmenplan zusammengetragen werden.

Dem Kulturraum ist daran gelegen, mit Abschluss des Projektes einen umsetzungsfertigen Fahrplan zu erhalten, der als Entscheidungsgrundlafür die nächsten Schritte der Kulturpolitik dienen wird.



2. Aufgabenbeschreibung und Rahmenbedingungen

Zur Erreichung der definierten Ergebnisse soll das Konzept folgende Aufgabengebiete behandeln:

  • Aufgabengebiet 1:  Analyse der Ausgangssituation und der Effizienz der Theater sowie Ableitung von Optimierungen
  • Aufgabengebiet 2:  Identifikation und Bewertung von Synergiepotentialen aus Kooperationen in den „Service-Bereichen“ sowie  „Künstlerischen Bereichen“
  • Aufgabengebiet 3: Erarbeitung einer Soll-Konzeption
  • Aufgabengebiet 4:  Erstellung eines Maßnahmenplans zur Umsetzung



3. Die Aufgabengebiete im Einzelnen

Aufgabengebiet 1: Analyse der Ausgangssituation und der Effizienz der Theater sowie Ableitung von Optimierungen

In der ersten Projektphase ist eine Analyse des Status quo des Gerhardt-Hauptmann-Theaters, des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters sowie des Sorbischen National-Ensembles durchzuführen. Die Untersuchung soll sich auf die Bereiche Finanzen, Personal und Organisation sowie den künstlerischen Output konzentrieren.

Im Rahmen der Status-quo-Analyse sollen die Entwicklung (der letzten 5 Jahre) von ausgewählten Kernkennzahlen sowie der Status quo der Organisationsstruktur dargestellt werden. Davon ausgehend sind ggf. Auffälligkeiten zu identifizieren.

Im Fokus der Untersuchung stehen folgende Bereiche:

-              Finanzen (Budget, Sachaufwendungen, Personalaufwendungen Erträge)

-              Personal und Organisation (Vollzeitstellen nach Sparte sowie Abteilungen, Organigramm)

-              Produktionen/Vorstellungen/Besuche (Anzahl Neuproduktionen, Veranstaltungen und Besuche sowie Auslastung)

Die erforderlichen Daten werden von den Häusern in ausreichender Detailtiefe zur Verfügung gestellt.

Darüber hinaus soll anhand einer Vergleichsanalyse die Effizienz im Status quo überprüft werden. Dazu sollen pro Theater drei passende Vergleichshäuser ausgewählt und Personal-Kennzahlen von folgenden Arbeitsbereichen differenziert verglichen werden:

-              Künstlerisch-technische Bereiche (Technik, Werkstätten, Maske, Kostüm etc.)

-              Verwaltung

-              Kommunikation und Vertrieb


Zusätzlich sind durch eine Spielplananalyse mögliche Parallelangebote in der Region zu identifizieren.

Auf Grundlage der Analysen sind konkrete Optimierungsstellhebel zur Steigerung der Effizienz der einzelnen Theater durch das Beratungsbüro zu benennen sowie deren finanzielle Effekte abzuschätzen.

Mit Abschluss der ersten Projektphase sollen die Ausgangssituation der drei Häuser sowie relevante Optimierungspotenziale zur Steigerung der Effizienz in den Bereichen Finanzen, Personal, Organisation und Spielplangestaltung vorliegen.

Die Analysen sollen auf Basis von (internen und externen) Daten sowie Interviews durchgeführt werden. Abschließend sind die Ergebnisse im Rahmen einer Präsentation dem Auftraggeber (sowie weiteren Stakeholdern) vorzustellen.


Aufgabengebiet 2: Identifikation und Bewertung von Synergiepotentialen aus Kooperationen in den „Service-Bereichen“ sowie „Künstlerischen Bereichen“

Auf Basis der im ersten Projektabschnitt durchgeführten Analysen und Interviews, sollen in einem zweiten Schritt potentielle Synergieeffekte aus der Intensivierung von Kooperationen zwischen den Häusern sowie ggf. mit weiteren Partnern in der Region identifiziert werden.

Dazu sollen mögliche Kooperationsstellhebel in den „Service-Bereichen“ (z. B. Werkstätten, Ticketing) sowie „Künstlerischen Bereichen“ (z. B. verstärkte Kooperation von Sparten, Zentralisierung von Sparten) ermittelt werden. Die durch das Beratungsbüro grundsätzlich identifizierten Kooperationsmöglichkeiten sind den Theatern vorzustellen und mit Mitarbeitenden der drei Häuser (Leitung sowie ggf. Fachabteilungen) auf ihre Umsetzbarkeit sowie mögliche Chancen und Risiken hin zu diskutieren.

Ergebnis der Treffen soll die Identifikation von tatsächlich umsetzbaren Kooperationsmöglichkeiten sein, die im Anschluss durch das Beratungsbüro auf ihre Effekte hin bewertet werden sollen (z. B. finanzielle Effekte, Auswirkung auf die Kulturversorgung der Region).

Die Ergebnisse des Arbeitsgebietes sollen in einem Entscheidungstreffen dem Auftraggeber (sowie weiteren Stakeholdern) vorgestellt werden. Ziel des Treffens ist die Auswahl der im Projektverlauf weiter zu verfolgenden Kooperationsstellhebel.


Aufgabengebiet 3: Erarbeitung einer Soll-Konzeption

In einem nächsten Schritt sind die Ergebnisse des bisherigen Projektes in einem Szenario zusammenzuführen. Bestandteile sind die identifizierten Optimierungsstellhebel aus der ersten Projektphase sowie die durch den Auftraggeber ausgewählten Kooperationsstellhebel.

Das Szenario soll eine Soll-Konzeption der einzelnen Theater sowie der Leistungsbeziehungen durch Kooperationen zwischen den Theatern beschreiben. Dazu sind die Stellhebel sowie zur Umsetzung notwendige Maßnahmen darzustellen, die realisierbaren Synergien aufzuzeigen und die Optimierungs sowie -Kooperationsmaßnahmen entsprechend mit einer Grob-Kalkulation der finanziellen Effekte zu versehen. Je nach Ausgestaltung des Szenarios sind mögliche Organisationsformen für die Zusammenarbeit zwischen den Theatern zu entwerfen (inkl. Vorschläge z. B. zu Direktions- und Zugriffsrecht sowie zur Leistungsverrechnung).

Die aufgezeigten finanziellen Effekte des Szenarios sollen zusammengeführt und die erzielten Finanzeffekte ggü. dem Status quo aufgezeigt werden. Zusätzlich sollen Investitionsbedarfe angezeigt werden (auf Basis einer nachvollziehbaren Abschätzung) sowie Chancen und Risiken der Soll-Konzeption zusammenfassend dargestellt werden.


Aufgabengebiet 4: Erstellung eines Maßnahmenplans zur Umsetzung

Abschließend soll auf Basis des Szenarios ein Maßnahmenplan erarbeitet werden. Dieser ist mit einer zeitlichen Umsetzungsempfehlung sowie der Umsetzungsorganisation zu unterlegen (z. B. der Benennung von Verantwortlichkeiten sowie der Steuerung).

Die Ergebnisse des Projektes sind im Rahmen einer Präsentation dem Auftraggeber (sowie weiteren Stakeholdern) vorzustellen.

Abschließend ist eine Präsentationsunterlage für die Kommunikation vor politischen Gremien zu erstellen und diese vor (mindestens) einem Gremium zu präsentieren.

Mit Projektabschluss liegt dem Auftraggeber eine umsetzbare Soll-Konzeption mit Optimierungsstellhebeln und Kooperationskonzept der drei Theater des Kulturraums Oberlausitz-Niederschlesien vor, inklusive Grob-Kalkulation finanzieller Auswirkungen sowie Chancen- und Risiko-Profil. Das Ergebnis der Analyse soll für Gesellschafter und Träger als Entscheidungsgrundlage für die zukünftige Kulturpolitik dienen, den Theatern Planungssicherheit verschaffen und die Kulturversorgung und -vielfalt der Region langfristig sichern.



4. Anforderungen an das einzureichende Konzept

Der Auftraggeber erwartet vom anbietenden Beratungsbüro die Erarbeitung einer strukturierten Vorgehensweise, die Benennung der durchzuführenden Analysen, benötigten Daten, sowie ggf. von Formaten zur Einbindung der Stakeholder (z. B. Auftraggeber, Gesellschafter, Träger, Theater). Im Angebot sind die Mitarbeitenden zu benennen, die das Projekt bearbeiten werden, und ihre Eignung anhand von Referenzen vergleichbarer Projekte darzulegen. Im Anschluss an die Vergabe wird zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer ein Werkvertrag über die Rahmenbedingungen der Leistungserstellung geschlossen.

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