Tierseuchenrechtliche Maßnahmen zum Schutz vor der Verschleppung der Amerikanischen Faulbrut (AFB) bei Bienen
Vollzug des Gesetzes zur Vorbeugung vor und Bekämpfung von Tierseuchen (Tiergesundheitsgesetz -TierGesG) i.d.F.v. 21. November 2018 (BGBI. 1. S. 1938) i.V.m. der Bienenseuchen-Verordnung (BienSeuchV) i.d.F.v. 17. April 2014 (BGBI. 1. S. 388) und des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz (SächsAGTierGesG) vom 9. Juli 2014 (SächsGVBI. S. 386)
Tierseuchenrechtliche Maßnahmen zum Schutz vor der Verschleppung der Amerikanischen Faulbrut (AFB) bei Bienen
Hier: Festlegung des Sperrbezirkes gemäß § 10 Abs. 1 der Bienenseuchen-Verordnung
Das Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt des Landkreises Görlitz (LÜVA GR) erlässt folgende
Amtstierärztliche Allgemeinverfügung
- Das Gebiet innerhalb des violetten Kreises in der Anlage mit den Ortsteilen Pechern, Skerbersdorf und Werdeck der Gemeinde Krauschwitz wird auf Grund der amtlichen Feststellung des Ausbruchs der Amerikanischen Faulbrut in einem Bienenstand1 ab sofort als Sperrbezirk festgelegt.
- Für alle innerhalb dieses Sperrbezirks gelegenen Bienenstände1 und gehaltenen Bienenvölker2 wird Folgendes ab sofort angeordnet:
- Alle Bienenvölker2 und Bienenstände1 im Sperrbezirk sind unverzüglich durch den jeweiligen Bienenhalter auf Amerikanische Faulbrut amtstierärztlich untersuchen zu lassen.
- Bewegliche Bienenstände1 dürfen von ihrem Standort nicht entfernt werden.
- Bienenvölker, lebende oder tote Bienen, Waben, Wabenteile, Wabenabfälle, Wachs, Honig, Futtervorräte, Bienenwohnungen und benutzte Gerätschaften dürfen nicht aus den Bienenständen1 entfernt werden.
- Bienenvölker2 oder Bienen dürfen nicht in den Sperrbezirk verbracht werden.
- Die sofortige Vollziehung der unter Ziffer 2 angeordneten Maßnahmen wird im öffentlichen Interesse angeordnet.
- Ausnahmen von den unter Ziffer 2 genannten Maßnahmen können im Einzelfall schriftlich beim LÜVA GR beantragt werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Ausnahme besteht nicht.
- Diese Allgemeinverfügung wird als Notbekanntmachung am 22.07.2024 auf der Internetseite des Landkreises Görlitz verkündet und tritt am Tage nach ihrer Bekanntgabe in Kraft.
- Für diese Allgemeinverfügung werden keine Kosten erhoben.
________________________________________________________________________________
1) Bienenstand im Sinne der Verordnung sind die Räume oder Einrichtungen, in denen Bienenvölker gehalten werden odergehalten worden sind.2) Bienenvolk im Sinne der Verordnung sind die in einer Bienenwohnung lebenden Bienen mit ihrer Brut und ihren Waben
Gründe:
I.
Am 11.07.2024 wurde in einem Bienenstand1 im Ortsteil Pechern der Gemeinde Krauschwitz der Ausbruch der Amerikanischen Faulbrut amtlich festgestellt.
Die Amerikanische Faulbrut (bösartige Faulbrut) ist eine anzeigepflichtige Erkrankung der älteren Bienenbrut, nämlich der Streckmaden und wird durch das Bakterium Paenibacillus larvae verursacht. Die Sporen (Dauerform) von Paenibacillus larvae gelangen z.B. über kontaminierten Honig oder kontaminierte Waben in gesunde Bienenvölker. Damit die Krankheit zum Ausbruch kommt, ist in der Regel eine relativ große Sporenmenge nötig. Eine geringe Sporenbelastung kann bei einem widerstandsfähigen Volk durch geeignete Maßnahmen des Imkers oder durch günstige Umweltbedingungen meist wirkungsvoll begrenzt und reduziert werden. Die Sporen werden durch Körperkontakt und Futteraustausch im Bienenvolk verteilt. Der in die Waben eingelagerte Honig wird mit Sporen kontaminiert. Bienen, welche die Brut versorgen, kontaminieren das Larvenfutter. Die Larven nehmen die Sporen mit dem Futter oral auf. Im Larvendarm keimen die Sporen aus und vermehren sich als Stäbchen (aktive Form). Wenige Stunden alte Larven können bereits von einer sehr geringen Anzahl Sporen infiziert werden. Grundsätzlich sind Bienen in der Lage, verdächtige oder infizierte Larven zu erkennen. Durch Putzverhalten werden diese aus der Bienenwohnung entfernt, wodurch der Infektionsdruck verringert werden kann. Bleibt die Infektion unerkannt, verbleiben die infizierten Larven im Volk und in ihnen entstehen massenhaft neue Sporen. lm Erkrankungsverlauf löst sich die gesamte Körperstruktur der Larven auf und es bleibt nur eine zähe, braune, schleimige Substanz übrig, die später zu einem dunklen Schorf eintrocknen kann.
Die Brut stirbt darauf im Steckmaden- oder Vorpuppenstadium und somit in der gedeckelten Zelle ab. Durch räubernde und sich verfliegende oder schwärmende Bienen wird der Erreger der Amerikanischen Faulbrut in andere Völker verschleppt. Auch durch den Austausch von Brut- und Futterwaben sowie über Beuten und Geräte kann die Krankheit sich verbreiten. Eine wesentliche Infektionsquelle stellen auch fremde, insbesondere lmporthonige dar, die an die Bienen verfüttert werden.
II.
Das LÜVA GR ist sachlich und örtlich für den Erlass dieser amtlichen Verfügung zuständig, gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 3 TierGesG i. V. m. § 1 Abs.1, 2 und 6 SächsAGTierGesG bzw. § 3 VwVfG i. V. m. § 1 SächsVwVfZG
In der seit dem 21.04.2021 geltenden VO (EU) 2018/1882 wird die Amerikanische Faulbrut gemäß Artikel 2 i.V.m. der Tabelle im Anhang der VO als Seuche der Kategorie D+E geführt. Demnach ist die Amerikanische Faulbrut innerhalb der Union zu überwachen und eine Ausbreitung zu verhindern. Artikel 170 VO (EU) 2016/429 eröffnet den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, unter bestimmten Maßgaben nationale Maßnahmen bezüglich der Bekämpfung der gelisteten Seuchen zu ergreifen. Die Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut (AFB) stellt eine wichtige Maßnahme zum Erhalt der Bienengesundheit dar.
Unter Anwendung des Erlasses des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 10. Mai 2021, AZ: 24-5133/13/2-2021/76191 gelten die Vorgaben der Bienenseuchen-Verordnung zur Bekämpfung der Amerikanischen Faulbrut bis auf Weiteres fort und sind anzuwenden.
Zu Ziffer 1
Gemäß § 10 Abs. 1 BienSeuchV erklärt die zuständige Behörde das Gebiet im Umkreis von mindestens 1 Kilometer um den betroffenen Bienenbestand zum Sperrbezirk. Im Ergebnis epidemiologischer Ermittlungen und der Risikobewertung des LÜVA GR, bei welchem die Lage, die Flugstrecken von Bienen und die natürlichen Bedingungen der Umgebung einbezogen wurden, wurde das Gebiet im Umkreis von fünf Kilometern als Sperrbezirk festgelegt. (siehe Anlage)
Zu Ziffer 2
Gemäß § 11 gilt für Bienenvölker und Bienenstände innerhalb des Sperrbezirkes, dass alle Bienenvölker und Bienenstände im Sperrbezirk unverzüglich auf Amerikanische Faulbrut amtstierärztlich zu untersuchen sind, bewegliche Bienenstände nicht von ihrem Standort nicht entfernt werden dürfen, sowie auch Bienenvölker, lebende oder tote Bienen, Waben, Wabenteile, Wabenabfälle, Wachs, Honig, Futtervorräte, Bienenwohnungen und benutzte Gerätschaften nicht aus den Bienenständen entfernt werden dürfen und Bienenvölker oder Bienen nicht in den Sperrbezirk verbracht werden dürfen.
Zu Ziffer 3
Die Voraussetzung liegt hier vor, da die Ausbreitung der AFB und die Gefährdung der Bienengesundheit unterbunden werden muss. Die Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche und der damit verbundenen Schäden sind höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung als Folge eines eingelegten Rechtsbehelfs. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtung der angeordneten eilbedürftigen Maßnahmen würde bedeuten, dass anderenfalls eine wirksame Bekämpfung der Tierseuche nicht mehr gewährleistet wäre. Die angeordneten Maßnahmen dienen damit dem Schutz sehr hoher Rechtsgüter. Zwar wird mit diesen Maßnahmen teilweise in die Grundrechte Betroffener eingegriffen, allerdings müssen diese und wirtschaftliche Interessen hinter dem öffentlichen Interesse einer wirksamen Bekämpfung der AFB und Verhinderung einer Verschleppung in andere Bienenstände zurückstehen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist notwendig, weil bei dem Einlegen eines Rechtsmittels der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden kann und im Übrigen den Adressaten des Bescheides kein erkennbarer wirtschaftlicher oder rechtlicher Nachteil durch die sofortige Vollziehung dieser Verfügung entsteht.
Zu Ziffer 4
Gemäß § 11 Abs. 3 kann die zuständige Behörde für Bienenvölker, Bienen, Bienenwohnungen und Gerätschaften sowie Futtervorräte Ausnahmen für die Anordnungen unter Ziffer 2 zulassen, wenn eine Verschleppung der Seuche dadurch nicht zu befürchten ist. Die Einschätzung des Verschleppungsrisikos im Einzelfall obliegt hierbei der zuständigen Behörde, dem LÜVA GR. Kann das Risiko nicht ausgeschlossen werden, so kann die Ausnahme auch nicht zugelassen werden und ein Rechtsanspruch auf Ausnahmegewährung kann somit nicht bestehen.
Zu Ziffer 5
Die Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgt auf der Grundlage des § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Danach gilt eine Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In der Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag, bestimmt werden (§ 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG). Von dieser Ermächtigung wurde unter Ziffer 5 dieser Allgemeinverfügung Gebrauch gemacht, da die angeordneten tierseuchenrechtlichen Maßnahmen keinen Aufschub dulden.
Bei der Bekanntgabe durch ortsübliche Bekanntmachung ist zu berücksichtigen, dass vorliegend der Adressatenkreis so groß ist, dass er, bezogen auf Zeit und Zweck der Regelung, vernünftigerweise nicht mehr in Form einer Einzelbekanntgabe angesprochen werden kann. Von einer Anhörung wurde daher auf der Grundlage des § 28 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG abgesehen.
Zu Ziffer 6
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG).
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Amtstierärztliche Allgemeinverfügung kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift beim Landratsamt Görlitz, Bahnhofstraße 24, 02826 Görlitz Widerspruch erhoben werden. Die Widerspruchsfrist wird auch gewahrt, wenn der Widerspruch bei der Landesdirektion Sachsen, Altchemnitzer Straße 41, 09120 Chemnitz oder den Dienststellen der Landesdirektion Sachsen in Dresden, Stauffenbergallee 2, 01099 Dresden oder in Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig eingelegt wird.
Dr. Udo Mann
Amtstierarzt
Kommissarischer Leiter des Amtes
Hinweis:Vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlungen gegen diesen Bescheid können als Ordnungswidrigkeit in Abhängigkeit von der Schwere der Zuwiderhandlung mit einer Geldbuße bis zu 25.000 € geahndet werden (§ 18 Tierschutzgesetz).Datenschutzerklärung:Informationen und Erläuterungen zu den Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) finden Sie auf unserer Internetseite http://luevadatenschutz.landkreis.gr/